Samstag, 30. August 2008

Vergebliche Mühe

Ein Mensch, der willens, lang zu leben,
Beschließt dem Tod zu widerstreben
Und a) durch strenges Selbstbelauern
Die Krisenzeit zu überdauern
Und b) zu hindern die Vermorschung
Durch wissenschaftlich ernste Forschung.
Zu letzterm Zwecke wird bezogen
Ein Horoskop beim Astrologen,
Um nicht bezüglich der Planeten
In eine falsche Bahn zu treten.
Ist so gebannt Saturnens Kraft,
Hilft weiterhin die Turnerschaft,
Die Rümpfe rollend, Kniee beugend,
Ganz zweifellos wirkt kräftezeugend.
Die Rohkost birgt das Vitamin;
Wein und Tabak, er gibt sie hin.
Auch gilts den Vorrat an Hormonen
In reiferm Alter streng zu schonen.
So braut er sich den Lebenssaft
Aus ausgekochter Wissenschaft.
Ein Mensch, wie dieser, muß auf Erden
Unfehlbar hundertjährig werden.
Das Schicksal aber, das nicht muß,
Macht unversehens mit ihm Schluß.

   Eugen Roth

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

„Ein Mensch, entschlusslos und verträumt,
Hat wiederholt sein Glück versäumt.
Doch ist der Trost ihm einzuräumen:
Man kann sein Unglück auch versäumen.“

Ich kenne sehr wenig von Eugen Roth, aber Du hast mich neurig gemacht.

Schreib ein Gedichte mal wieder!

etc. pp hat gesagt…

Ja, der war schon richtig, der Gute...
Das hier gefällt mir auch sehr:
Was bringt den Doktor um sein Brot?
A: die Gesundheit; B: der Tod.
Drum hält der Arzt, auf daß ER lebe,
Uns zwischen beiden in der Schwebe.